Der erste Gedanke, der mir beim Hören dieses Wortes aufkommt, führt zu meinen Grosseltern. Grosseltern, mit denen ich aufgewachsen bin, und die mich als Individuum geformt haben. Die Bräuche und Gewohnheiten habe ich kopiert und an die von mir gelebten Zeiten adaptiert. Ich hätte sie gerne so intakt, wie ich sie vermittelt bekommen habe, beibehalten, aber unsere Zeiten haben mir nicht mehr die Möglichkeit gegeben, diese so zu leben. Adaptiert haben sie weder den Charme noch die Ruhe der vergangenen Zeiten. Ich eröffne sie jedes Jahr mit Freude aber auch mit Nostalgie der gelebten Zeiten zusammen mit den mir lieben Menschen.
Einmal beim Eintritt in die Fastenzeit haben meine Grosseltern die Teller und Tassen aus Ton vom Speicher heruntergeholt, die Holzlöffel und anderen Töpfe, die sie nur zu dieser Jahreszeit nutzten. Es war Geschirr, welches sie nur dann nutzten, wenn die Fastenzeit gekommen war. Die andere Geschirr, welches sie sonst nutzen, wurde beiseite gelegt. Und sie begannen die Fastenzeit, in welcher sie für einen Zeitraum von sechs Wochen Tag für Tag keine Nahrungsmittel zu sich nahmen, welche Fleisch, Mich und Eier enthielten. Es war eine strikte Gewohnheit, welche sie streng befolgten. Sie reinigten die Häuser, strichen die Wände mit frischer Farbe und wuschen alle Dinge – ein Frühjahrsputz, wie sie zu sagen pflegten. Es war eine Tradition, welche ich mit Verwunderung beobachtete, während ich bei ihnen so viele Verbote und Vorbereitungen sah. Sie gingen fromm zur Kirche. Es wurden die Gräber der nahestehenden Personen gepflegt. In der Karwoche (so wie die Woche vor Ostern genannt wurde) war der Weg sehr schwierig. Die Kräfte schwunden und das Warten auf Ostern wurde sehnlichst erwünscht, um die spezifischen Ostergerichte probieren zu können, welche ein bis zwei Tage zuvor vorbereitet wurden. Am Karfreitag wurden Eier gefärbt, es wurde ein Lamm geschlachtet, aus dem osterspezifische Gerichte gekocht wurden und ich erwartete ungeduldig den selbst gebackenen Nussstollen zu essen. In unserer Tradition wurde auch eine Art «Käsestollen» gemacht, ein Stollen, welcher mit Käse und aller Art Gewürzen gefüllt wurde.
Als dann Ostern kam, die Nacht der Auferstehung, wurden Brotstücke in Wein getaucht vom Pfarrer gegeben, welche ich nach einer langen Messer erwartete. Diese wurden auch morgens vor dem Frühstück eingenommen, danach konnte das Probieren des Festmahls beginnen. Nach der langen Fastenzeit konnte man nicht viel zu sich nehmen, aber die visuelle Freude war nicht beschreibbar. Alle Gerichte wurden im Haus zubereitet und jede davon war gemäss dem Osterbrauch. Die Frauen waren vorzügliche Köchinnen und ihr Stolz war es Gerichte zuzubereiten, mit welchen sie die Familienmitglieder beeindrucken konnten und sich alle wohlfühlen konnten.
Ich wurde mit neuen Kleidungsstücken ausgestattet – von Unterhemd, Kleid bis zu den Schuhen. Wir als Kinder konnten es kaum erwarten uns beim Spiel zu treffen und die gekochten und rot gefärbten Eier zusammenzustossen und zu sehen, wer dieses Jahr der Sieger werde.
Es gab Bräche, welche sich von einer Region zur anderen unterschieden, aber im Grossen und Ganzen wurden diese von Jahr zu Jahr weitergeführt. Auch heutzutage lebe ich sie mit genauso grosser Intensität wie damals. Ich versuche sie zu erzählen und sie zu adaptieren, damit ich es schaffe sie weiterzubringen. Ohne sie würde ich mich als Individuum nicht identifizieren. Das könnte nicht mehr die Differenz machen zwischen Kind und Erwachsenen.
Wenn du andere Ostern-Traditionen und Bräuche erlebt hast, wäre ich froh, wenn du mir diese mitteilen würdest. Dazu findest du das Kommentarfeld unten.